Fluch oder Segen? Die öffentliche Förderung und ihre Alternativen
Wer auf die Förderung durch Staat oder Stiftungen setzt, kann sein Projekt zügig vorantreiben. Doch die Abhängigkeit von fremden Geldtöpfen birgt auch Gefahren. Es lohnt sich, die vielen kostenlosen Möglichkeiten kennenzulernen, mit denen man sich die Unabhängigkeit bewahrt und trotzdem viel bewegt.
„Wenn wir die Förderung durch bekommen – könnten wir uns zum Beispiel ein Büro leisten.“ Wie oft habt ihr diesen Satz schon gehört?
Staatliche Förderprogramme und fördernde Stiftungen gibt es wie Sand am Meer. Der Teufelskreis der meisten Förderungen beginnt mit der großen Auswahl an Fördermöglichkeiten. Man muss erst einmal viel Zeit investiert werden, um das richtige Programm, die passende Stiftung, den richtigen Sponsor zu finden. Wenn es um bekannte Programme geht, ist klar, dass es sehr viele Mitbewerber gibt.
Am Anfang steht der Antrag
Aber mal angenommen, es gibt da ein Förderprogramm, das hervorragend passt. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie viele Nächte ich mir mit Förderanträgen um die Ohren geschlagen habe. In vielen Fällen ging es gut, und beim Schreiben am Antrag bin ich mir noch einmal über die Projektziele und die eigene Rolle klar geworden. Das war sehr hilfreich. Bedenken Sie aber: Meistens sind es mehrseitige Formulare, die nach einem schlüssigen visionärem Konzept verlangen. Wenn man dann vollmundig den „impact“ ausformuliert, kann man leicht die Bodenhaftung verlieren. Einige Engagierte machen zudem den Fehler, dass sie ihr Projekt an den Antrag anpassen. Dies verwässert die eigenen Ziele und wirkt häufig auf die Förderer wenig überzeugend.
Je mehr Anträge ich geschrieben habe, um so mehr habe ich mir auch die typische Schreiblyrik für Förderanträge zugelegt. Später wurde mir klar, dass es wichtiger ist, dass der Text authentisch ist und mich und mein Vorhaben widerspiegelt. Beschreibe ich wirklich noch mein Projekt oder schreibe ich das, was der Förderer mutmaßlich erwartet? Wichtige Fragen zwischen Sein und Schein!
Am Anfang ist man versucht, einen Antrag oder Teile davon gleich bei mehreren Förderprogrammen unterzubringen. Leider ist „copy & paste“ keine geeignete Methode. Förderer merken das meist sehr schnell, zumal jedes Programm oder jede Stiftung eine eigene Förderlogik hat.
Mal angenommen, die Hürde ist geschafft, das Geld ist freigegeben, und es kann losgehen. Erst mal herzlichen Glückwunsch! Sie können stolz auf Ihre Leistung sein. Sie haben bestimmt auch einen Finanzierungsplan mit eingericht, wo zumindest in etwa drin steht, für was Sie das Geld verwenden wollen.
Nun stehen Sie vor der Herausforderung, in einem bestimmten Zeitrahmen ihr Vorhaben inhaltlich und das Geld, wie im Antrag formuliert, auszugeben. Zeitliche Vorgaben sind einzuhalten, oder aber man begründet gut, warum sich Zeitplan oder die Ausgabenposten verändert haben. Notfalls wird ein Ausgabenposten umgewidmet. Was den Inhalt des Programms betrifft, so werden unter Umständen Zwischen- und Endberichte eingefordert. Bei Unklarheiten empfiehlt es sich hier, lieber einmal mehr nachfragen als einmal zu wenig.
Die Sache mit der Nachhaltigkeit
Gerade in der Anfangsphase eines Projekts kann eine öffentliche Förderung extrem hilfreich sein. Aber überlegen Sie gut, wie nachhaltig Ihr Projekt mit einer solchen Förderung finanziert ist. Wer wird das im Einleitungssatz erwähnte Büro finanzieren, wenn die Förderung nach ein paar Monaten oder ein bis zwei Jahren wegfällt?
Aus meiner Erfahrung ist der größte Fehler bei der Finanzierung über eine öffentliche Förderungen eine Infrastruktur aufzubauen, die danach aufrechterhalten muss. Viele Organisationen beantragen dann an anderer Stelle Gelder und lassen sich eine Zusatzinnovation einfallen, damit das Projekt auch weiterhin förderfähig bleibt. Nachhaltiger wäre es, sehr frühzeitig eine Art Businessmodell zu entwerfen – auf dessen Basis sich das Projekt dauerhaft selbst trägt. Dies ist zugebenermaßen nicht in jedem Betätigungsfeld möglich.
Ein Hoch auf die Kostenlos-Kultur
Rückblickend gibt es vier Punkte, die meine Projekte erfolgreich gemacht haben und die ganz ohne öffentliche Förderung funktionieren. Mein Credo dabei: „start smart“.
-Ich habe meine Ideen sofort kommuniziert und auf diese Weise ziemlich schnell Menschen gefunden, die für die gleiche Sache brennen. Wir haben überlegt, wer welche Kompetenzen hat und Aufgaben übernehmen kann. Wichtig war mir, einfach anzufangen und etwas Konkretes zu starten. Wenn es darum ging, einen Minigarten an der Straßenecke aufzubauen, habe ich die Idee dem Lehrerkollegium der nächstgelegenen Schule vorgestellt oder auf einem Workshop während eines Kulturfestivals. Wir haben dann sofort gesehen, was funktioniert und was nicht. Das Netzwerk ist elementar, da es Vertrauen, Begeisterung und Ressourcen schafft. Wenn Sie sich jetzt einsam vorkommen, dann schauen Sie doch mal auf der Website www.weltbeweger.de vorbei – eine tolle Erfahrungsplattform für Engagierte.
-Ausgezeichnete Erfahrungen habe ich gemacht, wenn ich Menschen aus anderen Projekten, die in einem ähnlichen Bereich arbeiten, direkt kontaktiert habe. Da hat es nur so gesprudelt vor Ideen, neue Netzwerke haben sich gebildet, Lösungen für Herausforderungen wurden gefunden.
-Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Ressourcen auch ohne Anträge, Förderprogramme und Stipendien zur Verfügung stehen. Tools aus dem Internet, die ein gemeinsames Projektmanagement über große Distanzen und zeitunabhängig ermöglichen oder Pro-bono-Bildungsangebote wie Webinare zu Social Media von www.stifter-helfen.de. Es gibt immer mehr kostenlose Werkzeuge.
-Die besten Förderprogramme sind meiner Meinung nach die, die auf ein Netzwerk setzen, Kommunikation und Austausch zwischen unterschiedlichen Akteuren fördern, die für ein gemeinsames Thema brennen. Am Ende sind es die Beziehungen zwischen Menschen und deren gemeinsamer Wille, die dein Projekt erfolgreich machen.
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