#NPO-Blogparade. Digitales Engagement – Perspektivwechsel online

Inklusion entsteht in der Begegnung von Menschen und in einem offenen Diskurs über Teilhabe- und Teilgabehemmnisse. Diese wesentlichen Erfolgsfaktoren für Inklusion im „real life“, lassen sich auch auf digitales (er)leben übertragen.

 

Die Beratung von Engagementinteressierten im persönlichen Gespräch ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal von Freiwilligenagenturen, was von Suchenden und Beratenden gleichermaßen wertgeschätzt wird. Oftmals entsteht erst im Gespräch mit den erfahrenen Beraterinnen und Beratern eine Idee, wie ein eigenes Engagement aussehen könnte, ja, was es überhaupt für eine Vielfalt von Möglichkeiten gibt, sich in Gesellschaft einzubringen.

Barrierefreiheit ist in Freiwilligenagenturen – wie leider an so vielen anderen Orten auch – nicht immer gegeben und auf Grund häufig kleiner Budgets oft nicht kurzfristig zu realisieren. Um ein persönliches Beratungsgespräch auch Engagementinteressierten mit Mobilitätseinschränkungen anzubieten, kann eine Antwort im digitalen Bereich liegen: Online-Beratung in Chats mithilfe von Smart-Messenger etc. ist hier eine Idee zur Erweiterung des Angebots – gerade unter inklusiven Gesichtspunkten. Ein digitales Beratungsangebot baut Teilhabebarrieren ab und kann leichtere Zugänge zum Engagement schaffen. Unternehmen nutzen vielfach bereits das Angebot einer Beratung im Live-Chat zur Verbesserung ihrer Servicequalität. Auch Wohlfahrtspflegeverbände wie Caritas und AWO bieten für bestimmte Themen und Lebenssituationen Online-Beratungsleistungen per Mail aber auch Chats an. Der Erfolg dieser Formate beruht auch darauf, dass sie eine niedrigschwellige Möglichkeit darstellen, miteinander in Kontakt zu treten. Alter, eventuelle Einschränkungen und sozialer Status sind nicht sofort ersichtlich, was (unterbewusste) „Vorfestlegungen“ auf Seite der Beratenden hilft zu vermeiden. Freiwilligenagenturen könnten dieses Prinzip übernehmen und zu festgelegten Zeiten oder auch auf Termin eine solche niedrigschwellige Beratung über (Video-) Chat anbieten. Ganz „nebenbei“ entsteht mit dem barrierefreien, digitalen Beratungsangebot auch eine interessante Alternative für Menschen, die wenig Zeit haben oder generell eine hohe Affinität zu Online-Angeboten mitbringen.

Engagement online

Auch das freiwillige Engagement selbst bietet digitale Möglichkeiten. So wäre ein weiterer Einsatz des Livechats für „digitales Ehrenamt“ interessant. Überall dort, wo Erfahrungswissen schnell und unkompliziert vermittelt werden soll, kann der Live-Chat eingesetzt werden und können Menschen mit und ohne Behinderungen Erfahrungs- und Fachwissen weitergeben. Beispielsweise in Form einer Beratung von Vereinen, Verbänden und Einrichtungen zu Fragen der Barrierefreiheit. Im „Livechat-Barrierefreiheit“ können engagierte Menschen mit Behinderung, die beispielsweise einen Rollstuhl nutzen, selbst blind oder gehörlos sind, als Experten in eigener Sache zu spezifischen Bedarfen der Barrierefreiheit beraten. Schnell und problemlos würden so Interessierte aus Vereinen, Verbänden, Einrichtungen etc. für das Thema der Barrierefreiheit sensibilisiert und hätten direkt die Möglichkeit, sich beraten zu lassen und sich auszutauschen. Neben der Vermittlung der fachlichen Inhalte erfolgt bei den Beratungsnehmenden ein Perspektivwechsel vom Menschen mit Behinderung als Hilfeempfänger hin zum freiwillig Engagierten mit Behinderung, der sich aktiv für andere einsetzt.
Auch ein „Peer-Counceling“ von Freiwilligen mit Behinderung für an einer freiwilligen Tätigkeit interessierte Menschen mit Behinderung ist eine weitere Möglichkeit des digitalen Ehrenamtes.
Wichtig bei allen denkbaren digitalen Spielarten des Engagements ist es allerdings zu beachten, dass der von den meisten Engagierten hervorgehobene Motivationsaspekt für ein Engagement „soziale Einbindung“ vor dem heimischen Rechner nicht auf der Strecke bleibt. Der individuelle Wunsch des/der Freiwilligen, wie und in welcher Form diese soziale Einbindung stattfinden soll, ist der Auftrag, den es für „digitale Einsatzstellen“ im Rahmen des Freiwilligenmanagements ebenso zu beherzigen gilt, wie für „analoge“. So braucht es für die digital Engagierten Angebote sowohl on- als auch offline, die es zu entwickeln gilt. Ein digitales Ehrenamt darf nicht völlig losgelöst vom „analogen“ Engagement gesehen werden. Die Idee, das Menschen mit und ohne Behinderungen sich allein vom heimischen Rechner aus engagieren ohne eine Anbindung an Einsatzstellen und Teams von weiteren Freiwilligen (und damit an soziale Prozesse) kann die Gefahr bergen, die wesentliche Komponenten der Inklusion aber auch des Engagements selbst zu vernachlässigen: die Begegnung und der Wille zur Veränderung.

www.bagfa-inklusion.de

Der Beitrag ist Teil der NPO-Blogparade zum Thema digitale Inklusion.

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