Freiwillig in Kassel: Hilfen für Helfer
Jasmin Bethke von Freiwillig in Kassel! e.V. beim openTransfer CAMP am 18.02.2017 in Kassel
In einer Notsituation schaut man zuerst auf die Menschen, denen geholfen werden muss. Was aber passiert mit den Helferinnen und Helfern, die einer belastenden Situation ausgesetzt sind und selbst Hilfe benötigen?
Am Anfang der Session zeigte Jasmin Bethke einen Präventionsfilms und machte mit den Teilnehmenden eine Achtsamkeitsübung. Nach diesem Auftakt begann der Erfahrungsaustausch. Die Mehrheit der Ehrenamtlichen berichtete, wie schnell man im freiwilligen Engagement – gerade mit geflüchteten Menschen – an seine Grenzen kommt und wie schwierig es teilweise ist, den geflüchteten Menschen, mit denen man zusammenarbeitet, verständlich zu machen, wer man eigentlich ist und welche Fachkenntnisse man hat und welche eben auch nicht.
Einige Engagierte berichteten, dass manche Menschen aus anderen Kulturen gar nicht so viel mit dem Konzept freiwilliger Tätigkeit anfangen können, weil sie es schlicht nicht kennen. Wer nicht zur Familie gehört und fremd ist, der hilft in der Regel auch nicht umsonst. Dadurch werden die freiwilligen Helfer nicht selten mit Hauptamtlichen verwechselt. Zudem ist der Umgang mit den bürokratischen Strukturen in Deutschland nicht nur für die Geflüchteten, sondern auch für die Helferinnen und Helfer oft völliges Neuland. Nicht wenige der Engagierten stammen eher aus stabilen Verhältnissen und haben wenig Erfahrung mit „dem Amt“.
Diese neuen Erfahrungen mit „der Bürokratie“ bringen bei nicht wenigen das Bild einer gut funktionierenden staatlichen Verwaltung ins Wanken. Hinzu kommt, dass die Freiwilligen oft zu den wenigen Kontakten für die geflüchteten Menschen gehören und darum bei allen möglichen Fragen als Vertraute einbezogen werden. Das kann sehr belastend und zeitaufwendig werden. Ein Gefühl von Loyalität und Durchhaltevermögen („eine Aufgabe zu Ende bringen“) hindert viele Freiwillige daran, rechtzeitig Grenzen zu setzen.
Was brauchen Freiwillige für ihr Engagement
Im Gespräch wurde deutlich, dass Ehrenamtliche noch bessere Rahmenbedingungen für ihre freiwillige Tätigkeit benötigen. Diese Rahmungen müsste stärker definieren, wo ihre Aufgaben anfangen und auch wo sie enden. Auch wichtig zu wissen: An welcher Stelle kann ich selbst helfen und wann muss ich professionelle Hilfesysteme einbeziehen. Zu diesem Zweck braucht es eine Anlaufstelle für Freiwillige, die über die entsprechenden Informationen und Kontakte verfügt.
Desweiteren wurde deutlich, dass es für Freiwillige mehr Möglichkeiten geben muss, auch außerhalb ihres näheren Umfelds über ihre Tätigkeiten zu sprechen und sich darüber auszutauschen. Gesprächsangebote sowie Fortbildungen mit praktisch umsetzbaren Hilfen und Methoden könnten hier eine wichtige Ressource für die Helferinnen und Helfer sein, um den Belastungen standzuhalten und auch zu wissen, wann es an der Zeit ist, nein zu sagen.
Alle waren sich einig darüber, dass das Thema psychische Gesundheit im freiwilligen Engagement ein wichtiges ist, dem noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies hat auch damit zu tun, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema immer auch eine Konfrontation mit den eigenen Schwächen bedeutet, denen sich viele aus Angst vor Stigmatisierung oder Kontrollverlust ungern präventiv stellen, sondern erst dann, wenn die Arbeit eigentlich schon ein Stück zu belastend war.
Foto: Frank Gerhold