Ko-Kreation auf Augenhöhe – Transkulturalität in der Praxis
Manuel Güll und Sima Gatea von SINGA Deutschland beim openTransfer CAMP #Patenschaften am 1. Dezember 2018 in Berlin
Wie gelingt Kommunikation auf Augenhöhe? Sima Gatea und Manuel Güll stellten in ihrer Session verschiedene Ansätze vor und sensibilisierten dabei für die Wirkung von Sprache in der transkulturellen Zusammenarbeit. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmenden über kommunikative Fallstricke, zielgruppengerechte Ansprachen und die Macht des Bildes.
Was bedeutet „zu Hause“ für Dich? Und wie sieht Dein „Zuhause“ aus? Mit diesen vermeintlich einfachen Fragen starteten Sima Gatea und Manuel Güll von SINGA Deutschland ihre Session zum Thema „Transkulturalität in der Praxis“. In der lebhaften Diskussion mit den Teilnehmenden wurde schnell deutlich, dass der Begriff „zu Hause“ von ganz unterschiedlichen Faktoren, wie der Herkunft, dem momentanen Aufenthaltsort und der eigenen Situation abhängig ist – und damit keineswegs eine feste, messbare oder vergleichbare Größe oder einen festen Ort darstellt.
Interkulturalität vs. Transkulturalität – vom statischen Begriff zum fließenden Prozess
Diese Erkenntnis führte direkt zu einem kurzen Impulsvortrag der den Unterschied zwischen Interkulturalität und Transkulturalität beschrieb. Der etablierte interkulturelle Denkansatz meint Kultur, Heimat oder Integration als klar definierte Sachverhalte.
Das bedeutet:
- Der interkulturelle Denkansatz bezieht sich stark auf einen statischen Ist-Zustand.
- Interkulturelles Verständnis fokussiert auf die nationale Ebene.
- Es basiert auf Verallgemeinerungen/Vereinfachungen, die der Komplexität der Sachverhalte häufig nicht gerecht werden.
Die Folgen dieser Denkweise finden sich in Diskussionen um eine „Leitkultur“ oder in Begriffen wie „Clash of Cultures“ wieder – also in Diskursen, die von einem Aufeinandertreffen verschiedener, fester Kulturen, Ansichten oder „Mentalitäten“ ausgehen. Dem gegenüber steht der transkulturelle Denkansatz. Konkret bedeutet dieser:
- Kultur, Herkunft und Identität werden als fließende Prozesse verstanden, die sich nicht linear entwickeln und Schwankungen unterliegen (schwer messbar).
- Kultur ist immer eingebettet in einen zeitlichen und lokalen Kontext/ eine lokale Geschichte.
- Der transkulturelle Ansatz nimmt ungleiche Machtstrukturen und -dynamiken wahr und fokussiert auf die Handlungsfähigkeit von Menschen.
Mit neuen Denkansätzen die transkulturelle Zusammenarbeit fördern
In einer anschließenden Diskussion erörterte die Gruppe, wie diese Denkansätze die Kommunikation in verschiedenen Kontexten erleichtern können. Im ersten Schritt, so stellten die Teilnehmer einhellig fest, geht es darum, das eigene Denken zu hinterfragen und zu prüfen, ob man mit seiner Sprache Vorannahmen und Stereotype bedient und manifestiert. Als Beispiel gaben die Workshop-Leiter das Wort „Geflüchtete“, das gleich eine Vielzahl von Bildern in den Köpfen kreiert und damit die Individualität der Menschen in den Hintergrund treten lässt. Eine kurze Google-Bildersuche bestätigte diesen Eindruck. SINGA verwendet daher in ihrer Arbeit das Wort „Newcomer“, das deutlich weniger besetzt ist und daher noch Raum für positive Konnotationen lässt. Verschiedene Teilnehmende warfen ein, dass eine schlichte Umbenennung nicht immer ausreicht, um einen Diskurs in eine positivere Richtung zu lenken – insbesondere dann nicht, wenn man mit Menschen diskutiert, die dem Sachverhalt kritisch gegenüberstehen oder die bestimmte Begriffe nicht kennen oder verstehen. Das Plenum schloss dennoch mit dem Fazit, dass Sprache die Kraft besitzt, Bilder zu erschaffen und zu verfestigen. Deshalb sollte man seine Ausdrucksweisen hinterfragen und regelmäßig prüfen. Die Kommunikation muss sich dabei jedoch immer an der angesprochenen Zielgruppe und dem sozialen Kontext orientieren, um sich menschlich wie sprachlich auf Augenhöhe begegnen zu können.
Foto: Jörg Farys
Zur transkulturellen Zusammenarbeitsdiskussion beim otc :
Aus meiner Sicht ein wertvoller Beitrag. Ob die Umwidmung der “ Geflüchteten“ in „Newcomer“ der Königsweg ist, wage ich nicht zu beurteilen. Was wir im Kern spüren, ist jedoch ein „Kampf“ ums Narrativ : Es kann uns durch zahlreiche positive Beispiele für gelungene Integration gelingen, die Vielfalt, die sich längst zu einer Superdiversität entwickelt hat, als bereichernd zu erfahren. Unabhängig von der Begrifflichkeit