Anerkennung im Ehrenamt

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Hannes Jähnert auf dem openTransfer CAMP Demografie am 29. Mai in Berlin

 

Wie können Organisationen den Engagierten ihre Anerkennung zeigen? Und wollen die Ehrenamtler das überhaupt? Zu diesen Fragen leitete Engagement-Blogger Hannes Jähnert eine Session, in der ganz unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven ausgetauscht wurden.

„Was verbindet ihr mit Anerkennung?“ mit dieser Frage stieg Hannes Jähnert in die Session ein. Und gleich wurde klar: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigt das Thema, denn die Antworten eröffneten eine große Bandbreite an Aspekten. Anerkennung hieße Wertschätzung, gebe Motivation und schaffe Bindung. Anerkennung falle häufig hinten runter. In Organisationen müsste eine Anerkennungskultur aufgebaut und müssten Anerkennungsstrukturen geschaffen werden. Maßnahmen für Anerkennung könnten Geschenke, Feste oder auch Online-Badges sein.  Anerkennung hieße aber auch Qualifizierung, Wertschätzung der Arbeit oder Beratungsangebote für Ehrenamtliche. Oder auch feste Ansprechpartner, die Eingebundenheit in eine Struktur und Ehrlichkeit über die ehrenamtliche Tätigkeit. Mit Anerkennung solle eine Atmosphäre erzeugt werden, in der die Ehrenamtler sagen „Hey, hierher komme ich gerne wieder!“ Anerkennung entstehe zudem häufig direkt aus der Tätigkeit heraus: Ehrenamtlern solle ihre Aufgabe Spaß machen, sie sollen sich selbst damit verwirklichen können – dann brauche es auch keinen Blumenstrauß. Was Anerkennung angeht, sei die Altersgruppe 55+ eine spezielle Zielgruppe. Auch gebe es einen großen Unterschied zwischen alltäglicher und institutionalisierter Anerkennungskultur.

Elixier Anerkennung

Hannes Jähnert hat sich als Blogger seit Langem mit dem Thema beschäftigt und bringt zudem viele Erfahrungen durch seine Tätigkeit im Bereich Ehrenamt beim Deutschen Roten Kreuz mit. Zuerst habe er Anerkennung immer als den Lohn für das Ehrenamt verstanden. Doch mittlerweile sage er: „Anerkennung ist das Elixier des Ehrenamts.“

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Er nähert sich dem Thema zunächst über den Begriff. Anerkennen hieße, die Menschen, also die Ehrenamtler, zu kennen und so anzunehmen, wie sie sind. Ehrenamt könne verschiedene Funktionen erfüllen, es müsse nicht immer altruistisch sein. Daher sei es wichtig, die Ehrenamtler in einem Arbeitsbereich einzusetzen, der zu ihnen passt und den sie mögen. Dieser Ansatz werde auch als Volunteer Function Inventory bezeichnet.

Hannes Jähnert berichtete dann von den Ergebnissen einer arbeitspsychologischen Studie der ETH Zürich zum Thema Anerkennung im Ehrenamt: Danach sei der größte Motivationsfaktor das Dankeschön der Hilfe-Empfänger. Die Methoden der Anerkennung von Organisationen wirkten dagegen eher bürokratisch und könnten sogar abschreckend sein. Allerdings könnten sie auch Bindung schaffen.

Ein Dankeschön direkt im Anschluss an die Tätigkeit zu bekommen, sei also die direkteste und daher wirkungsvollste Form der Anerkennung. Auszeichnungen wie Ehrenamtskarten, Orden oder Anstecknadeln bewirkten dagegen sehr wenig. Gleichzeitig dürfe die Anerkennung durch die Organisation aber nicht fehlen. Denn dann würden sich die Ehrenamtler beschweren und nicht wertgeschätzt fühlen.

Zwei Arten von Anerkennung

Hannes Jähnert betont, dass beides wichtig sei: die direkte Anerkennung durch die Hilfe-Empfänger und die Anerkennung durch die (Leitung der) Organisation. Es gebe also zwei Formen von Anerkennung: Eine Peer-to-peer-Anerkennung und eine institutionalisierte Anerkennung, z. B. in Form von Events oder Auszeichnungen. Eine Schwierigkeit, wirkungsvolle Anerkennungsformen zu finden, sieht er bei großen Organisationen und wirft die Frage auf, was ein Bundesverband tun und bewirken könne.

In der Session wurden verschiedene Formate von institutionalisierter Anerkennung und die Erfahrungen damit zusammengetragen. Als Schwierigkeit benannten Teilnehmende an der Session, dass die Geschmäcker der Ehrenamtlichen in Bezug auf Anerkennungsformen sehr unterschiedlich und nicht immer vorhersehbar seien. Hannes Jähnert berichtete, dass die Einladung zum Fest des Bundespräsidenten bei den Ehrenamtlichen seiner Organisation immer sehr gut ankomme. Die Wertschätzung durch einen der prominentesten Politiker Deutschlands habe anscheinend eine große Wirkung. Eine Teilnehmerin erzählt dagegen, dass sie bei Einladungen zur Verleihung der Ehrenamtsnadel, was als feierliches Event im Rathaus stattfindet, schon die Antwort erhalten habe „Schickt mir die Nadel doch per Post!“ Manche Freiwilligen würden Festakte und Dankesreden mögen und dies als Wertschätzung ihrer Tätigkeit empfinden. Andere hätten Angst, auf einer Bühne zu stehen oder fänden verliehene Auszeichnungen albern. Oder sie wollten gar keine Anerkennung von außen, da sie ihr Ehrenamt aus Überzeugung ausführten.

Individuell, bitte, oder zumindest authentisch

Wird Anerkennung in Form von Geschenken gezeigt, so sei wichtig, dass es sinnvolle Geschenke seien, die authentisch, passend, individuell und am besten überraschend sind. Auch hier stellte sich vor allem ein Problem für größere Organisationen, die ihre zahlreichen Ehrenamtlichen nicht persönlich kennen.

Ein Faktor, ob die Formen institutionalisierter Anerkennung funktionierten, sei auch, ob diese eine Tradition in der Organisation haben. Wenn es in einer etablierten Organisation bereits verankerte Traditionen von Anerkennung gebe, hätten diese meistens auch eine gute und bindende Wirkung.

Hannes Jähnert meinte, man könne nicht allen Ehrenamtlern gerecht werden. Bestimmte Anerkennungsformen funktionierten nur in bestimmten Milieus oder Orten. Eine Möglichkeit sei es daher, verschiedene Angebote zu schaffen, die auf verschiedene Geschmäcker passen. Wichtig sei es bei verschiedenen Geschmäckern, sensibel zu sein und Rückmeldungen ernst zu nehmen. Wenn ein Ehrenamtler nicht auf die Bühne wolle, dann müsse er es auch nicht. Die Anerkennungsformen sollten also breit genug sein, damit sich alle darin wiederfinden können.

Für alle, die das Thema vertiefen möchten oder weitere Anregungen zur Anerkennungskultur in ihrem Projekt suchen, gab Hannes Jähnert zum Abschluss noch einen Buch-Tipp: „Psychologie der Freiwilligenarbeit“ von Theo Wehner und Stefan Güntert.

Foto: Thilo Schmülgen

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