Seniorpartner in School: Sinn und Unsinn des Qualitätsmanagements

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Friedrich Wrede von Seniorpartner in School auf dem openTransfer CAMP Demografie am 29. Mai 2015 in Berlin

 

Wie gelingt Qualitätssicherung im Ehrenamt? Welche Form von Management ist sinnvoll? Friedrich Wrede berichtete, wie der Seniorpartner in School Bundesverband diese Fragen beantwortet hat und leitete die Diskussion über Erfolge und Fallstricke bei der Etablierung von Qualitätsmanagement im Ehrenamt.

Zu Beginn der Session stellte Friedrich Wrede seinen Verein Seniorpartner in School vor. Es ist ein generationenübergreifendes Projekt für Menschen der Generation 55+ sowie für Kinder und Jugendliche. Interessierte Menschen in der dritten Lebensphase werden zu ehrenamtlichen Schulmediatoren ausgebildet. Die Kernkompetenzen liegen in vier Themenbereichen: Anti-Mobbing-Projekte, Integration, Bildungsbegleitung und Schulmediation. Das Projekt, das 2001 gegründet wurde, ist rasch gewachsen und mittlerweile in 14 Bundesländern vertreten.

Mit der wachsenden Größe sah das Projekt die Notwendigkeit, einheitliche Qualitätsstandards zu entwickeln, damit die Qualität des Projektes auch im Transfer und Wachstum bestehen bleibe. Friedrich Wrede führte verschiedene Ziele und Funktionen an, die mit dem Qualitätsmanagement verbunden seien. In den Verband hinein könne eine Qualitätssicherung eine verbesserte Mitgliederpflege ermöglichen, Mitarbeitern Rollen zuweisen und der Weiterverbreitung des Projekts sowie der Akquise geeigneter Mitmacher dienen. Nach außen seien die Maßnahmen für Fundraising und die Öffentlichkeitsarbeit nutzbar sowie für eine Profilschärfung hilfreich. Friedrich Wrede betonte, dass der Verein aktuell vor dem Schritt zur Hauptamtlichkeit stünde und dass speziell hierfür ein Qualitätsmanagement notwendig sei.

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So machen es die Seniorpartner

Friedrich Wrede berichtete dann, wie bei Seniorpartner in School die Entwicklung von Qualitätsstandards angegangen wurde und wie dieser Bereich heute organisiert ist. Der erste Schritt zur Umsetzung sei die Zusammenarbeit mit einem professionellen Qualitätsentwickler aus der Wirtschaft gewesen. Dieser Ansatz habe aber zu Konflikten mit den Ehrenamtlichen geführt, denn sie wollten keine Gleichsetzung ihres Projektes mit einem Unternehmen. Daraufhin hätten sie noch einmal neu begonnen, über ein QM-System nachzudenken. Diesmal wurden die Ehrenamtler mitgenommen, es wurden neue, nicht wirtschaftsnahe Begriffe für die Prozesse entwickelt und der Mehrwert dieser Maßnahmen für das Ehrenamt aufgezeigt. Dies habe mehrere Jahre an Überzeugungsarbeit benötigt. Doch heute habe sich die Qualitätssicherung in allen Landesverbänden etabliert. Es sei inzwischen eine wichtige Grundlage für alle konkreten Arbeitsschritte und nicht zuletzt für das Fundraising.

Das Qualitätshandbuch

Kernstück des Qualitätsmanagements sei bei Seniorpartner in School ein Qualitätshandbuch, das auf 18 Seiten die verschiedenen Arbeitsprozesse der ehrenamtlichen Tätigkeiten und die Struktur des Verbandes behandle. Dieses Handbuch werde jährlich aktualisiert. Dazu gebe es im Bundesverband einen Qualitätsbeauftragten, der als Ansprechpartner für die Qualitätsbeauftragten der Landesverbände fungiere und deren Änderungsvorschläge für das Handbuch sammele.

Für die weitere Diskussion in der Session schlug Friedrich Wrede einige Fragen vor:

–          Welche Wirkung haben die Qualitätsstandards nach innen und nach außen?

–          Welchen Umfang soll ein solches Qualitätsmanagement haben?

–          Welche Besonderheiten gibt es? Wie gehen Ehrenamtliche mit Qualitätsstandards um?

–          Welche Vorbehalte bestehen?

Die Teilnehmenden stellten zunächst die Frage, wie bei Seniorpartner in School Qualität definiert werde und welche Bereiche durch das Qualitätshandbuch geregelt würden. Friedrich Wrede führte aus, dass Qualität in seinem Projekt bedeute, klar zu strukturieren, welche Leistungen der Verein anbietet und wie die Ehrenamtlichen geschult und eingebunden werden. Dementsprechend enthalte das Handbuch den Leitgedanken und die Satzung des Vereins, seine Leistungen und Aufgaben, die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter, die Vereinbarungen mit den Schulen sowie die Aufgaben des Vorstands und die Geschäftsordnung. Zu dem Handbuch gehöre auch ein Werkzeugkoffer für die konkrete ehrenamtliche Tätigkeit, womit Handlungsanleitungen für bestimmte Fälle der Arbeit gegeben würden. Wrede berichtete, dass die Organisation nach den ersten Erfahrungen entschieden hätte, von „Qualitätsmaßnahmen“ zu sprechen und nicht den Begriff „Qualitätsmanagement“ zu verwenden, der klar nach einer ISO-Norm definiert sei.

Alle Beteiligten mitnehmen

Eine Teilnehmerin erzählte von ihren Erfahrungen bei der Entwicklung von Qualitätssicherung. Sie habe ein Jahr lang ein Projekt durch diesen Prozess begleitet. Ihrer Meinung nach sei die Qualitätssicherung ab einer bestimmten Größe des Projekts unerlässlich. Wichtig sei es, von Anfang an zu gucken, wer wo mit welchen Aufgaben eingesetzt werden könne und ob dies für alle Beteiligten gewinnbringend sei.

Ein anderer Teilnehmer berichtete von seinen Erfahrungen aus dem Ehrenamtlichenmanagement bei internationalen Freiwilligendiensten. Qualitätsmanagement sei gut und wichtig, es verlange den Kooperationspartnern wie z. B. den Landesverbänden allerdings auch Einiges ab. Die Überforderung könne schnell dazu führen, dass Qualitätsmanagement nur auf dem Papier funktioniere. Wichtig sei daher die Beratung und Kommunikation mit den Ehrenamtlichen über die Maßnahmen. Qualitätsmanagement im wirtschaftlichen Sinn setze auf Kontrolle. Das funktioniere im Ehrenamt aber selten. Hier komme es auf das Freiwilligenmanagement an. Qualitätssicherung könne heißen, Aufgabenprofile zu erstellen und zu schauen, wer in welchen Arbeitsbereich passe. Gleichzeitig müsse das Qualitätsmanagement so offen sein, dass es Spielräume zulasse.

In der Session wurde zusammengetragen, wie ein Qualitätsmanagement funktionieren könne. Als Erstes sollte bei den Ehrenamtlichen abgefragt werden, was sie genau machen. Auf dieser Basis könnten dann Aufgabengebiete definiert werden, die wiederum im ganzen Verband reflektiert werden müssten. Wichtig sei es, keine Top-down-Strukturierung vorzunehmen, sondern die Basis von Anfang an in den Prozess der Qualitätssicherung einzubeziehen. In größeren Organisationen, in denen nicht alle Beteiligten befragt werden können, seien dann sozialwissenschaftliche Erhebungen nötig, z. B. in Form von qualitativen Interviews oder Workshops.

Warum einige nicht mitziehen

Als Problem nannte Friedrich Wrede, dass es immer noch Ehrenamtliche gebe, die sich dem Qualitätsmanagement komplett verweigerten. Daran schloss sich die Frage an, welche Rolle die Ehrenamtlichen in diesem Prozess haben sollten und welches Ziel das Qualitätsmanagement in Bezug auf die Ehrenamtler habe. Qualitätsstandards könnten leicht als Vorgaben für Ehrenamtliche verstanden und damit als einschränkend empfunden werden. Qualitätssicherung habe zudem immer den Beigeschmack von Leistungsüberprüfung, und diese Assoziation mache Ehrenamt unattraktiv. Es waren sich daher alle in der Session einig, dass es wichtig sei, dass das Qualitätsmanagement einen spürbaren Mehrwert für die Ehrenamtlichen habe, also eine Hilfestellung und Erleichterung für ihre Arbeit sei. Dazu könne es hilfreich sein, andere Namen und Begriffe zu finden, die nicht aus der Betriebswirtschaft stammten.

http://www.seniorpartnerinschool.de 

Foto: Thilo Schmülgen

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