Bertelsmann Stiftung: Die „Unsichtbaren“ beteiligen

Kai Unzicker, Bertelsmann Stiftung, auf dem openTransfer CAMP #Zusammenhalt am 17.01.2020 in Halle (Saale)

Wie gelingt es, Bürger:innen zur aktiven Teilnahme an Dialog- und Partizipationsangebote zu motivieren? Den Fokus der Diskussionsrunde legte Kai Unzicker auf die „Unsichtbaren“, also diejenigen aus der Mitte der Gesellschaft, die bisher nur schwer erreicht werden.

Zugrunde liegt die Herausforderung, dass Dialoge und Beteiligungsangebote häufig von den bereits Engagierten wahrgenommen werden. Ein Großteil der Gesellschaft wird nicht erreicht oder nur, wenn es eine ganz unmittelbare Betroffenheit gibt. Dass dies ein von vielen gemachter Befund ist, spiegelte sich nicht zuletzt am hohen Interesse an der Session wider.

Kai Unzicker von der Bertelsmann Stiftung, die Teil der Stiftungsallianz für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, startete mit der offenen Fragestellung in die Session: „Wie erreichen wir die Unerreichten? Wie werden sie Teil von Dialog und offenen Beteiligungsvorgängen“. Die Sessionteilnehmenden berichten von persönlichen Erfahrungen, sprachen offen über eigene Lernprozesse und nutzten den Raum zur Vorstellung neuer Ideen.

Ein Mann sitzt in einem Stuhlkreis und erklärt etwas.

Wertbasierte Ansprache

Eine Teilnehmerin hatte bereits positive Erfahrungen mit wertbasierter Kommunikation gesammelt. Ihre Überzeugung: So heterogen die Gesellschaft heutzutage auch sein mag, häufig verbände uns eine identische Wertebasis. Diese anzusprechen, ermögliche Nähe und somit den Aufbau von Beziehungen. Sie selbst nutze viel anknüpfende Formulierungen, beispielsweise: „Wie gestalte ich die Welt meiner Kinder?“ Die Ansprache mit Begriffen wie „Nachhaltigkeit“ hingegen würden häufig provokant aufgefasst und führten zu Abneigung.

Das Thema positionieren

Ein Teilnehmer aus dem Feld der Integrationsarbeit, verzichtet bei Angebotsgestaltung und Kommunikation darauf, die Mission seiner Organisation in den Mittelpunkt zu stellen. Er versuche durch Angebote, wie Handarbeits- und Malkurse, Kochabende, Sportaktivitäten oder Flohmärkte, einen breiteren Teil der Bevölkerung anzusprechen.

Nutzung des öffentlichen Raums

Ein weiterer wichtiger Faktor neben Format und Ansprache: der Raum in dem die Angebote stattfinden. Ein Teilnehmender beschrieb seine Erfahrungen mit der Nutzung des öffentlichen Raums, wie beispielsweise Bibliotheken. Nach seinen Worten stoßen Bürger:innen dann eher zufällig auf die Angebote, was eine spontane Ansprache ermöglicht und den Kontakt mit bisher nicht erreichten Personen oder Institutionen erlaubt.

Lokal, persönlich, gemeinsam

Eine Teilnehmerin berichtete von ihren Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit Multiplikatoren, die ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit für die Zielgruppe besitzen. Um etwa Angebote für Senior:innen zu platzieren, spräche sie diese nicht persönlich an, sondern arbeite mit Arztpraxen, der Stadt und Wohnungsunternehmen zusammen. Diese Netzwerkarbeit sei zwar aufwendig, habe sich jedoch als äußerst wirkungsvoll erwiesen.

Der Zufall entscheidet

Ein nicht zu unterschätzendes Werkzeug war nach Meinung einer Teilnehmerin das Telefonbuch. Durch eine Zufallsauswahl, sei es möglich, bisher nicht erreichten Personen direkt anzusprechen.

Beziehungsarbeit und Systemfrage

Am Ende herrschte innerhalb der Teilnehmenden Konsens, dass die beschriebenen Aktivitäten viel Zeit in Anspruch nehmen. Im Fall von kurzen Förderzeiträumen kann diese zu Schwierigkeiten führen.

Noch nach Ende der Session tauschten sich die Teilenehmenden der Session weiter über ihre Erfahrungen im Bereich Ansprache, Ortswahl und dem Positionieren von Themen aus und ermutigten sich gegenseitig, gemeinsam neue Wege auszuprobieren.

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/gesellschaftlicher-zusammenhalt/

Fotos: CC BY-NC-SA 2.0 / Jörg Farys I openTransfer.de

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