Lesementoring: Jugendliche fördern Kinder

Session von Ulrike Knoch-Ehlers, Landeshauptstadt Hannover (Fachbereich Kultur, Netzwerk kulturelle Bildung), beim openTransfer CAMP #Patenschaften am 1. Dezember 2018 in Berlin 

Ulrike Knoch-Ehlers stellte das erfolgreiche Transferprojekt „Lesementoring“ vor. Jugendliche werden ausgebildet und sind dann als Patinnen und Paten von jüngeren Schülerinnen und Schülern aktiv. Das Modell verbreitet sich derzeit an mehreren Schulen im Raum Hannover.

Das Lesementoring-Projekt ist seit 18 Jahren in Hannover etabliert und wird durch spezielle Fortbildungen auch in anderen Städten angenommen. Das Konzept setzt auf Peers, in diesem Fall auf ältere Schülerinnen und Schüler, die jüngere vor allem beim Lesenlernen unterstützen.

Lesementoring bedeutet mehr als nur Lesen

Für die Ausbildung zur Lesementorin oder zum Lesementor werden die Schülerinnen und Schüler zwei Tage von der jeweiligen Schule freigestellt. Der spätere Einsatz erfolgt komplett ehrenamtlich am Nachmittag in kleinen Gruppen für ca. 90 Minuten pro Woche. Darin enthalten sind ein Begrüßungsritual, Lesespiele sowie Bewegungspausen. Zum Abschluss gibt es eine Feedbackrunde und ein Abschiedsritual. In den Schulen stehen Kontaktlehrerinnen und -lehrer zur Verfügung, aber die Durchführung erfolgt selbstständig durch die Jugendlichen. Es stehen Materialien rund um das Lesementoring-Projekt zur Verfügung; die Jugendlichen können aber auch eigene Schwerpunkte einbringen. Am Ende eines Durchlaufs findet nach sechs Monaten eine Auswertung statt sowie die feierliche Verleihung des Kompetenznachweises Kultur an die Patinnen und Paten. Ein Ergebnis ist laut Ulrike Knoch-Ehlers, dass alle Mentorinnen und Mentoren ein gesteigertes Verständnis für den Lehrerinnen- und Lehrerberuf entwickeln. Die teilnehmenden Schulen (Grundschulen und Oberschulen) liegen meist in der Nähe zueinander. Es ist oft eine schöne Erfahrung, wenn zum Beispiel Jugendliche aus dem Gymnasium in sogenannten Brennpunktschulen eingesetzt werden und selbst viel dazu lernen. Mittlerweile konnten auch weitere Kooperationen geschlossen werden, etwa mit Stadtbibliotheken. Gut gelungen ist auch der Transfer auf Schülerinnen und Schüler in Willkommensklassen, die mit dem Lesementoring-Konzept und den Materialien arbeiten. Die größten Herausforderungen des Projekts liegen, wie so oft, im Finanziellen. Zunächst konnten durch die Unterstützung der TUI-Stiftung neue Standorte in der Startphase unterstützt werden. Diese Finanzierung gibt es so nicht mehr.

Eine Frau spricht in ein Mikrofon, mehrere Frauen stehen neben ihr.

 „Warum ist Herr Bock nicht da?“

In der Diskussion berichten Teilnehmende von weiteren Lesepaten-Projekte gibt. Die Grundschule „Greif“ in Greifswald etwa hat Studierende über Anzeigen angesprochen, die nun im Unterricht als Lesepatinnen und -paten eingebunden werden. Da Lehrkräfte bereits stark ausgelastet sind, ist diese zusätzliche Förderung von „außen“ eine sinnvolle Ergänzung zum Unterricht. Ein Teilnehmer erzählte von seinem Engagement in zwei Schulklassen, mit denen er auch auf Klassenfahrt fuhr. Wenn er einmal nicht zu vereinbarten Zeit in der Schule ist, fragen die Kinder: „Warum ist Herr Bock nicht da?“.

Im Rahmen des Projekts „Lesewelten“ der Kölner Freiwilligenagentur gehen ausgebildete Leseteams in pädagogische Einrichtungen oder Unterkünfte für Geflüchtete und lesen dort vor. Im Mittelpunkt steht die Freude am Lesen. Das Projekt sucht derzeit noch Unterstützung – auch im Sinne einer nachhaltigen Förderung. Ulrike Knoch-Ehlers empfahl, sich zunächst an die Verwaltung oder den Stadtrat zu wenden. Solche Projekte könnten sowohl im Kulturbereich, als auch im Bereich Jugend und Familie gefördert werden. Zunächst müsse man das Projekt vorstellen und dann einen Antrag auf Finanzierung stellen (Institutionenförderung oder Projektförderung). Ebenso können Firmen (Corporate Social Responsibility) eingebunden werden. Sie könnten Kosten für Fortbildungen oder Dankeschönfeiern für Lesementorinnen und -mentoren übernehmen. Außerdem gibt es eine Vielzahl von Stiftungen, die fördernd tätig sind. Ein Programm, das im Sommer 2019 in die nächste Runde startet, ist der openTransfer Accelerator der Stiftung Bürgermut. Hier werden Initiativen ein Jahr lang unterstützt, um ihr Projekt zu einem erfolgreichen Transfermodell zu machen.

Die Diskussion bestätigt, dass im Projekttransfer große Herausforderungen liegen. So gibt es die „Schülerpaten“ mittlerweile in verschiedenen Städten Deutschlands, überall sind aber andere Regelungen der Bundesländer zu beachten. Ein Teilnehmer aus der Organisation gab an, dass man rausfinden müsse, was der harte Kern des transferierbaren Konzepts ist, um dieses dann an die verschiedenen Standorte zu übertragen. Mit dem ausgearbeiteten Konzept des Lesementoring-Projekts aus Hannover ist bereits dieser wichtige Schritt gegangen worden und ein Transfer an weitere Schulen jederzeit möglich.

https://lesementoring.de/

Foto: Jörg Farys

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