Kreativität gemeinsam finanzieren – Crowdfunding in der Flüchtlingsarbeit

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Markus Sauerhammer von Startnext beim openTransfer CAMP Refugee Helpers am 14.11.2015 in Berlin

 

Crowdfunding ist mehr als Finanzierung. Markus Sauerhammer von der Plattform startnext stellte die Möglichkeiten und Erfolgsfaktoren von Crowdfunding vor und lieferte Beispiele und Tipps.

Die soziale Vernetzung kam einer Revolution gleich, die die Unterstützung von Projekten durch das Netzwerk ermöglichte. Sascha Lobo beschrieb das Crowdfunding als „Die Metamorphose des Like-Buttons in Geld“. Donation ist dabei die „Mutter Theresa“ des Crowdfundings, da sie dauerhafte Spenden und langfristige Unterstützung sichert. Daneben gibt es weitere Arten: Reward, Lending und Equity. Besonders im Social Entrepreneurship ermöglicht Crowdfunding die Realisierung von Ideen, die sich später selbst tragen können. Die Effekte für „Starter“ sind weitläufig: Neben der Finanzierung ermöglicht es Markttests, Marketing (Kommunikationswert von Projekten), Reputation (der faktische Beweis, dass eine Vielzahl von Menschen hinter einer Idee steht), Vertrieb, Netzwerk („es sollte eigentlich Community-Funding heißen“, die Idee wird weitergetragen – nicht nur kommunikativ, sondern auch mit Ablegern), Planungssicherheit und Feedback. Erfolgreiche Beispiele:

– Cucula – Unternehmen von und mit Flüchtlingen

– morethanshelters – für syrische Flüchtlinge

– Über den Tellerrand kochen – Rezepte für ein besseres Wir

– Magdas Hotel – Social Business Hotel, ICOON for refugees

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Erfolgsfaktoren im Crowdfunding:

-Bring dein Vorhaben auf den Punkt.

-Erkläre die Botschaft hinter deinem Projekt.

-Gib deiner Idee ein Gesicht.

-Wähle ansprechende Bilder und ein gutes Kampagnenvideo.

-Definiere ein realistisches Zielbudget.

-Biete 3-10 attraktive Dankeschöns an (Produkt, virtuelles Dankeschön, Impact des individuellen Beitrags greifbar machen).

-Kenne deine Zielgruppe.

-Trage dein Projekt in die Welt hinaus (ein Kommunikationsplan ist essenziell! Presseplan, Medienpartnerschaften, Testimonials und andere Multiplikatoren).

 

Diskutierte Punkte:

– Um ein Projekt Crowdfunding-fit zu machen, braucht es eine lange Vorbereitungszeit, besonders, wenn nicht Vollzeit daran gearbeitet werden kann. Den Initiatoren von Projekten fehlt bisweilen Zeit und Kompetenz, eine Kampagne zu planen und Kampagnen-Material zu produzieren.

Tipp: Nutzt das Netzwerk, sucht Unterstützung für die Kampagnenplanung in eurem Netzwerk.

– Zeitlicher Aufwand nicht einschätzbar: Original-Unverpackt-Kampagne hatte ca. ein halbes Jahr Vorlaufzeit. Tipp: Wägt ab, ob eine große Kampagne notwendig ist und wie die Öffentlichkeitsarbeit aussieht. Nur wer Öffentlichkeitsarbeit macht, wird auf das Projekt und die Kampagne aufmerksam machen – und ggf. einen Social Impact Investor für sich gewinnen.

– Es gibt die Erfahrung, dass Unterstützer erwarten, dass personelle Leistungen ehrenamtlich erbracht werden. Wie kann man notwendige Honorare wie z.B. für Trainer im Crowdfunding kommunizieren? Und was, wenn man kein Geld für die Dankeschöns hat?

Tipp: Wirkung greifbar machen („Mit xy Euro kann eine Stunde Sprachunterricht für xy Kinder gesichert werden“). Die Dankeschöns können kreativ sein (z.B. können sie einfach nur Spaß machen oder es wird der Beitrag einfach noch einmal bestätigt, der geleistet wurde). Man kann aber auch Partner suchen, die materielle Dankeschöns stellen.

– Ist Crowdfunding für den Neubau von einer Turnhalle oder anderen Zweckgebäuden überhaupt realistisch?

Tipp: Dies kann durchaus funktionieren, wenn man die Menschen als Unterstützer mitnimmt und für ein gemeinsames Ziel kämpft. Aber auch die Größe des Netzwerks ist entscheidend. Deshalb kann man vorab durchrechnen, ob das bestehende Netzwerk die benötigte Geldsumme generieren kann (Wir erreichen xy Menschen, wovon xy Menschen bereit wären, xy Euro zu geben) oder ob man auf anderen Wegen das Netzwerk vergrößern kann. Druck sollte aber auch auf Bezirke und Politik ausgeübt werden, sobald es um eine öffentliche Aufgabe für das Gemeinwohl geht. Man sollte den Missstand in die breite Öffentlichkeit tragen. Unterstützung muss nicht immer Geld sein, sondern kann der öffentliche Druck sein, der auf die Politik ausgeübt wird („die Macht der Crowd“).

– Was passiert, wenn das Zielbudget auf startnext nicht erreicht wird?

Tipp: Auf startnext werden nur Projekte umgesetzt, die auch ihr Zielbudget erreichen. Das Risiko kann aber auch in Crowdfunding-Arten und Teilziele (z.B. startnext zur Gründung und betterplace.org für weitere Schritte bzw. langfristige Unterstützung) aufgeteilt werden. Man sollte dann sicherstellen, dass Interessierte auf der Projektseite spenden können, z.B. über ein Widget von betterplace.org. Wenn ein bestimmtes Ziel erreicht wird, unterstützt startnext Projekte übrigens auch aus einem zentralen Fördertopf.

Ein letzter Tipp: Die Organisationsform kann beeinflussen, inwiefern Produkte verkauft und Gewinn erwirtschaftet werden dürfen (Verein bei Projektgründung vs. gGmbH für die Projektumsetzung).

Foto: #otc15 (CC BY SA) / www.eventfotografie-klant.de

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