elhana Lernpaten: Verbreiten oder vertiefen?

Die elhana Lernpaten überlegten wegen der großen Nachfrage nach Patenschaften, ob sie die Kapazitäten massiv erweitern sollten oder lieber das bestehende Angebot vertiefen. Es ist eine entscheidende Weichenstellung, die viele Projekte umtreiben dürfte.

 

elhana Lernpaten vermittelt Ehrenamtliche in sozial benachteiligte Familien, um deren Kinder individuell zu fördern und ihre Chancen auf schulischen Erfolg zu verbessern. Damit leistet elhana einen Beitrag für gerechtere Bildungschancen und setzt sich dafür ein, dass der Bildungserfolg nicht von der sozio-ökonomischen Herkunft der Kinder abhängig ist. Da die Lernpaten direkt in die Familien kommen, ist ein enger Kontakt zu den Eltern gewährleistet, sie werden in die schulische Entwicklung ihres Kindes einbezogen und erfahren, was sie tun können, um ihr Kind zu fördern. Der Nutzen liegt nicht nur einseitig bei den Kindern und ihren Eltern, auch die Lernpaten machen wertvolle Erfahrungen, wenn sie in eine andere Welt eintauchen und hautnah miterleben, wie schulische Segregation sich auf die betroffenen Kinder auswirkt. Viele Lernpatentandems entwickeln sich zu engen Beziehungen, in denen die Kinder Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung durch einen großen Freund oder ein große Freundin erfahren. Dieser Effekt lässt sich schwer quantifizieren, ist aber von ganz besonderem Wert für alle Beteiligten.

 

Das Lernpatenprojekt entstand aus einer privaten Initiative heraus und war zu Beginn nicht auf Wachstum angelegt. Vielmehr ging es um den Wunsch, sich für die Kids in der Nachbarschaft zu einzusetzen. Dennoch wuchs diese kleine, improvisierte Initiative schnell zu einem Projekt heran, da die Nachfrage seitens der Familien nicht nachließ. In der Folge wurde es nötig, eine tragfähige Struktur zu schaffen, die einen verlässlichen Ablauf der Rekrutierung, Vermittlung, Begleitung und Unterstützung der Ehrenamtlichen gewährleistete. Es wurden Mitstreiter gesucht, Förderanträge geschrieben und die Organisation des Projekts professionalisiert. Es war nie nötig, bei den Familien Werbung für das Angebot zu machen, stattdessen verbreiteten sich die Informationen über Mund-zu-Mund-Propaganda. Um die Anfragen bearbeiten zu können und genügend Zeit zu haben, den Kontakt zu Familien und Lernpaten zu halten, pendelte sich die Zahl aktiver Lernpatenschaften zwischen 50 und 60 ein. Viele interessierte Eltern bzw. deren Kinder mussten daher mit einem Platz auf der Warteliste vorlieb nehmen.

 

Bis zum jetzigen Zeitpunkt war die Ausdehnung bzw. Verbreitung von elhana immer eine Reaktion auf die hohe Nachfrage. Nun stehen die Projektmacher vor der Frage, ob elhana  gezielt wachsen soll. Dieses Thema wurde im Team mit den Faktoren Wirkung und Nutzen des Projektes verbunden. Ist eine gleichbleibend hohe Nachfrage und Akzeptanz seitens der Zielgruppe ein Indikator für die Wirksamkeit der Lernpatenschaften? Wäre es demnach sinnvoll, die Projektidee zu verbreiten? Nach anfänglich hohen Erwartungen wurden die Projektziele nach unten korrigiert: es ist nicht möglich, im Rahmen einer zweimal wöchentlich stattfindenden Lernpatenschaft die Defizite des deutschen Schulsystems zu kompensieren. Die Lernpaten sind von großer Bedeutung für die Kinder, sie stärken ihr Selbstbewusstsein, befeuern ihren Ehrgeiz und verhelfen manchem Kind zu besseren Noten. Dennoch wird es unter den Kindern, die von einer Lernpatenschaft profitierten, auch Schülerinnen und Schüler geben, die keinen Schulabschluss erlangen werden. Ist dies als Misserfolg des Projektes zu werten oder sollte nicht eher gefragt werden, was in zehn Jahren Schule geschieht oder auch nicht geschieht, dass Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Schulzeit ohne Abschluss dastehen. Das elhana-Team kam zu dem Schluss, dass es nicht allein um Wachstum gehen kann, auch das Konzept und das Angebot muss sich weiterentwickeln und so angepasst werden, dass das ehrenamtliche Engagement einen möglichst hohen Nutzen für die Zielgruppe hat, ohne den Ehrenamtlichen noch mehr Zeit und Einsatz abzuverlangen.

 

Daraus ergab sich für das Projekt die Formel „Vertiefung statt Verbreitung“. Zwar soll die Anzahl der aktiven Lernpatenschaften erhöht werden, aber dies soll langsam und schrittweise geschehen. Im Vordergrund steht zunächst die Entwicklung neuer Inhalte. Aus den bisherigen Erfahrungen heraus ergab sich die Einsicht, dass ein so komplexes Problem wie Bildungsarmut nicht durch einzelne Akteure bzw. Organisationen gelöst werden kann. Der Fokus für die Projektentwicklung richtet sich daher darauf, die Vernetzung mit starken Partnern weiter voranzutreiben und ein sinnvolles Ineinandergreifen der einzelnen Angebote zu gewährleisten. Außerdem wurde ein Lernpatentraining entworfen, das es den Ehrenamtlichen möglich macht, ohne zusätzlichen zeitlichen Aufwand, an der Sprachkompetenz der Kinder und ihrer Fähigkeit sich selbst zu organisieren, zu arbeiten. Um die Lernpaten nicht überzustrapazieren, entschied sich das Team, selbst mehr Zeit in die Beratung und Begleitung der Familien zu stecken, anstatt die Anzahl der Lernpatenschaften massiv zu erhöhen. Das Team leistet die Vernetzungsarbeit und steht Lernpaten und Familien beratend und begleitend zur Seite. Auf diese Weise wird das elhana-Büro – im Sinne einer festen Anlaufstelle für Ehrenamtliche und Familien – seine Präsenz und flankierende Arbeit vertiefen. Erst wenn dieses Konzept sich als erfolgreich erwiesen hat, sollen in einem weiteren Schritt neue Standorte aufgebaut werden. Die Entscheidung, ob ein neuer Standort entstehen kann, soll davon abhängen, ob sich von Anfang Partner finden, die zu einer vernetzten Arbeit bereit sind. Grow slowly and deeply!

 

Zur Webseite der elhana-Lernpaten

 

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